IT-Security

Zertifikatsverwaltung im Vergleich: ACME-Clients & Management-Tools – Welche Lösung passt zu Ihrem Unternehmen?

30. September 2025 von Marek Röhner

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©DhanaStudio- Adobe Stock

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Die digitale Infrastruktur eines Unternehmens ist in den letzten Jahren nicht nur größer, sondern auch deutlich komplexer geworden. Websites, Webservices, E-Mail-Kommunikation, Software-Signaturen und Geräteauthentifizierungen benötigen heute allesamt digitale Zertifikate. Diese sorgen für Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität der Kommunikation: Sie bilden das Fundament moderner IT-Sicherheit.

Angesichts dieser Entwicklung ist eine strukturierte Zertifikatsverwaltung längst kein „nice to have“ mehr. Wer heute keine klare Strategie und geeignete Tools für den Lebenszyklus seiner digitalen Zertifikate implementiert, riskiert nicht nur Systemausfälle und Sicherheitslücken, sondern auch Reputations- und Compliance-Schäden. Eine abgelaufene SSL-Verbindung oder eine nicht mehr gültige E-Mail-Signatur kann bereits ausreichen, um das Vertrauen von Kundinnen und Kunden nachhaltig zu erschüttern.

Was versteht man unter Zertifikatsverwaltung?

Unter dem Begriff Zertifikatsverwaltung versteht man sämtliche Prozesse, Werkzeuge und Verfahren, die mit dem Lebenszyklus digitaler Zertifikate verbunden sind. Dazu gehören nicht nur die Beantragung und Ausstellung, sondern auch die Verlängerung, der Widerruf, das Monitoring und das Deployment auf Servern, Endgeräten oder in Anwendungen.

Diese Aufgaben betreffen verschiedene Zertifikatstypen, etwa:

SSL/TLS-Zertifikate, die für die verschlüsselte Kommunikation von Webseiten zuständig sind,

S/MIME-Zertifikate, die E-Mails signieren und verschlüsseln,

Code Signing-Zertifikate, mit denen Softwarehersteller die Integrität ihrer Programme gewährleisten,

• sowie Gerätezertifikate, die der Authentifizierung im Unternehmensnetzwerk dienen.

Je mehr dieser Zertifikate im Einsatz sind, desto anspruchsvoller wird ihre Verwaltung. Besonders dann, wenn keine automatisierten Prozesse oder zentrale Plattformen genutzt werden.

Warum eine professionelle Zertifikatsverwaltung unverzichtbar ist

Die Risiken einer unstrukturierten oder manuellen Verwaltung digitaler Zertifikate sind vielfältig und steigen mit der Anzahl der Zertifikate exponentiell. Bereits ein einziges abgelaufenes oder fehlerhaft ausgestelltes Zertifikat kann zu weitreichenden Konsequenzen führen. Die Website ist plötzlich nicht mehr erreichbar, E-Mail-Kommunikation schlägt fehl, Anwendungen werden nicht mehr ausgeführt oder Warnmeldungen schrecken Nutzerinnen und Nutzer ab.

Neben operativen Problemen drohen auch rechtliche und regulatorische Konsequenzen. Compliance-Anforderungen wie die Vorgaben des CA/Browser Forums, der neuen S/MIME-Baseline Requirements oder branchenspezifische Regulierungen im Finanz- und Gesundheitswesen verlangen eine lückenlose Kontrolle über den Einsatz und die Gültigkeit von Zertifikaten.
Ein weiterer Grund für die zunehmende Bedeutung ist das Thema Skalierbarkeit: Unternehmen, die heute mit wenigen Zertifikaten starten, arbeiten morgen bereits mit Hunderten oder Tausenden, besonders in Multi-Cloud-, Container- oder DevOps-Umgebungen. Ohne zentrale Verwaltung geraten Unternehmen hier schnell an ihre Grenzen.

Überblick: Welche Lösungen zur Zertifikatsverwaltung gibt es?

Je nach Ausgangslage, Infrastruktur und Sicherheitsanforderungen bieten sich unterschiedliche Ansätze an. Im Folgenden werfen wir einen vergleichenden Blick auf gängige Methoden und Tools.

ACME-Clients: Automatisierte Zertifikatsverwaltung im Webumfeld

Das ACME-Protokoll (Automatic Certificate Management Environment) wurde ursprünglich von Let’s Encrypt eingeführt, um die Beantragung und Verlängerung von SSL/TLS-Zertifikaten zu automatisieren. Heute ist es ein offener Standard, der in vielen Webserver-Umgebungen zum Einsatz kommt.

ACME-Clients wie Certbot, acme.sh oder Win-ACME ermöglichen es, Zertifikate ohne manuelle Eingriffe automatisch zu erneuern und zu installieren. Das ist besonders vorteilhaft in DevOps- und CI/CD-Umgebungen, wo häufige Deployments stattfinden. Allerdings beschränkt sich ACME in der Praxis meist auf Webserver-Zertifikate und ist weniger geeignet für die Verwaltung von S/MIME-, Code-Signing- oder Gerätezertifikaten.

Für Unternehmen mit vielen Webprojekten oder dynamischen Webdiensten ist ein ACME-Client eine effiziente und kostengünstige Lösung.

Certificate Lifecycle Management (CLM): Der strukturierte Ansatz

Wer den Überblick über viele verschiedene Zertifikate behalten muss, kommt um ein strukturiertes Certificate Lifecycle Management (CLM) kaum herum. Diese Tools bieten zentrale Dashboards, automatisierte Workflows, Alarmfunktionen bei bevorstehenden Ablaufdaten sowie ein vollständiges Reporting für Audits und Compliance-Zwecke.

Beispiele wie essendi xc, Secardeo oder Lösungen der 360° Security Alliance bieten nicht nur eine zentrale Sicht auf alle Zertifikate im Unternehmen, sondern auch direkte Schnittstellen zu gängigen Zertifizierungsstellen und Identity-Systemen wie Microsoft Active Directory oder Azure AD.

CLM-Lösungen sind ideal für Unternehmen, die eine heterogene Infrastruktur haben, unterschiedliche Zertifikatstypen einsetzen und eine nachvollziehbare sowie auditierbare Verwaltung benötigen. Sie ermöglichen zudem Policy Management, mit dem unternehmensweite Sicherheitsrichtlinien umgesetzt werden können.

Managed PKI (mPKI): Der Rundum-Service für E-Mail-Zertifikate

Eine Managed PKI eignet sich besonders für Unternehmen, die viele E-Mail-Zertifikate benötigen und den administrativen Aufwand minimieren wollen. Die Verwaltung, Verteilung und Erneuerung der S/MIME-Zertifikate erfolgt dabei durch einen spezialisierten Dienstleister.
Für große Organisationen mit mehreren tausend Nutzenden ist das ein enormer Vorteil, denn es reduziert den IT-Aufwand auf ein Minimum und sorgt gleichzeitig für eine hohe Sicherheit im E-Mail-Verkehr.

Besonders in Zeiten, in denen Zertifikatslaufzeiten verkürzt werden und sich regulatorische Vorgaben ständig ändern, ist eine mPKI eine zukunftssichere Lösung.

X9-Standard: Maßgeschneidert für den Finanzsektor

Speziell im Finanzwesen gelten besonders strenge Sicherheits- und Interoperabilitätsanforderungen. Das US-amerikanische Gremium ASC X9 hat deshalb eigene Standards für die Public Key Infrastructure definiert, die etwa im Zahlungsverkehr zum Einsatz kommen.

X9-konforme PKI-Lösungen zeichnen sich durch besonders robuste Sicherheitsmechanismen, eine hohe Kompatibilität mit branchenspezifischen Systemen und eine konsequente Auditfähigkeit aus. Anbieter wie DigiCert bieten hier spezielle Zertifikatslösungen für Banken, Versicherungen und kritische Infrastrukturen an.

Für Unternehmen aus dem Finanz- und Versicherungssektor führt daher kein Weg an einem X9-kompatiblen PKI-Management vorbei.

Die richtige Lösung hängt vom Bedarf ab

Wie so oft in der IT-Sicherheit gibt es auch bei der Zertifikatsverwaltung nicht den einen richtigen Weg. Vielmehr hängt die Wahl der passenden Lösung von mehreren Faktoren ab: Anzahl der Zertifikate, verwendete Zertifikatstypen, Automatisierungsgrad, Compliance-Anforderungen und nicht zuletzt von den vorhandenen IT-Ressourcen.

Kleinere Unternehmen mit primärem Fokus auf Web-Zertifikate sind mit einem ACME-Client bestens bedient. Mittelständische Unternehmen mit wachsendem Bedarf profitieren von einem zentralen CLM-Tool. Wer seine E-Mail-Kommunikation sicher und skalierbar absichern möchte, setzt auf eine Managed PKI. Und Unternehmen in regulierten Branchen wie dem Finanzsektor benötigen häufig X9-konforme Lösungen.

Ein erster Schritt sollte immer die Erstellung eines Zertifikatsinventars sein. Prüfen Sie, welche Zertifikate aktuell im Einsatz sind, wann sie ablaufen und wie der Erneuerungsprozess abläuft. Anschließend empfiehlt sich die Bewertung, inwieweit sich Prozesse automatisieren lassen, sei es durch ACME, ein CLM-Tool oder die Auslagerung an einen PKI-Dienstleister.

Mit der richtigen Lösung für die Zertifikatsverwaltung wird Sicherheit planbar

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