IT-Security

PRISM, Tempora & Co.: Verfahren und Risiken

29. Juli 2013 von PSW GROUP Redaktion

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Die Empörung ist groß – die Verwirrung ebenfalls. Wer wird wie und wo überhaupt überwacht? Und weswegen? Mit welchen Risiken? Die PSW GROUP klärt auf.

Überwachung von Internet und Telefon in den USA

Auf Anordnung des FISC sind in den USA sämtliche Telefonverbindungsdaten zu sammeln. Die meisten großen US-Provider sind spätestens seit 2006 angehalten, kontinuierlich Daten zu speichern. Auch Internetverbindungen von US-Bürgern müssen gespeichert werden; eigentlich sollte dieses Überwachungsprogramm in 2011 eingestellt worden sein, dem Guardian liegen aber Dokumente vor, die beweisen, dass auch danach Daten in großem Stil erfasst und gespeichert wurden. Was hierzulande unter Vorratsdatenspeicherung bekannt ist, übernimmt in den USA die NSA – und zwar unbefristet (in Deutschland: 6 Monate). Es werden Bewegungsprofile erstellt, die den Anwender komplett rekonstruieren können. So lassen die Daten Rückschlüsse darauf zu, welche Unternehmen miteinander Gespräche führen, wann wer mit Journalisten gesprochen hat und so weiter. Bürgerrechtler empörten sich über dieses Vorgehen, einen großen Aufschrei gab es von der amerikanischen Bevölkerung allerdings bisher nicht.

Kooperation der Geheimdienste GCHQ und NSA

Geleakte Dokumente zeigen: Mit dem Programm Tempora kooperieren die NSA und der britische Geheimdienst GCHQ miteinander. 200 Glasfaserkabel wurden angezapft, vermutlich auch welche, die aus Deutschland kommen. Inhalte werden bis zu drei Tagen zwischengespeichert, Metadaten (= Verbindungsdaten) sogar bis zu 30 Tage. Die NSA speichert Telefon- und Internetverbindungsdaten sogar global: Um die Daten auszuwerten, wird ein Programm namens Boundless Informant („grenzenloser Informant“) eingesetzt. Fokussiert werden dabei Regionen wie Pakistan, Afghanistan und der Nahe Osten. Deutschland gehört europaweit zu den Ländern, die für die NSA besonders interessant sind: Bis zu 500 Millionen Datensätze über die Internet- und Telefonnutzung werden pro Monat gesammelt! Unklar ist bislang, wo und wie man diese gewaltigen Datensätze abzweigt und speichert. Vorratsdatenspeicherung war in Deutschland von Anfang an ein diskussionswürdiges Thema. Nach den Enthüllungen ist die Debatte erneut und in ungeahnten Dimensionen losgebrochen. Viel beunruhigender jedoch scheinen PRISM und jene Tempora-Teile zu sein, die nicht nur Verbindungen, sondern konkrete Inhalte sammeln und speichern.

Globale Inhaltsspeicherung mit PRISM und Tempora

Das Spähprogramm der NSA, PRISM, wurde offenbar seit 2007 aufgebaut. E-Mails, Privatnachrichten, Chats und Fotos werden abgefangen. Die NSA soll Zugriff auf die Server der IT-Giganten Yahoo, Microsoft (damit auch Skype), Apple, Google, Facebook und weiteren haben. PRISM kann Echtzeitbenachrichtigungen darüber bieten, wenn sich Zielpersonen in ihren Chat- oder E-Mail-Account einloggen. Es wird vermutet, dass PRISM und Tempora Hand in Hand gehen: PRISM dient als Detail-Lieferant, Tempora als „Schleppnetz“, aus dem beliebige Daten über Zielpersonen und ihre Kontakte gefischt werden können. Wie die beiden Programme konkret zusammenarbeiten, erklärt eine Präsentation der Washington Post. Das gigantische Ausmaß der Überwachung ermöglicht das Ausspionieren von Behörden, Unternehmen, Politikern und Pressevertretern, aber auch Privatpersonen. Die NSA kann praktisch auf alles, was sich im Internet tut, ein Auge werfen. Dass sich Unternehmen um die Sicherheit ihrer Daten sorgen, ist nur allzu verständlich.

 

Befreundete Länder im Visier

Unter anderem mithilfe von Wanzen soll die NSA auch Gebäude der EU gezielt abgehört haben. Daneben wurde das interne Computernetzwerk infiltriert: Sowohl persönliche Besprechungen als auch Inhalte aus E-Mails und Dokumenten, die auf den Rechnern gespeichert sind, sind bekannt. Die Botschaften von Griechenland, Italien und Frankreich in Washington sollen angezapft worden sein, außerdem Vertretungen der Uno. 38 Überwachungsziele gehen aus den geleakten Dokumenten hervor; darunter die Türkei, Südkorea, Indien, Japan oder Mexiko. Diese Enthüllungen sorgten dafür, dass EU-Politiker endlich eine Reaktion zeigten: Entsetzt und wütend wurden die Büros der EU-Kommission auf Wanzen untersucht, während EU-Kommissarin Viviane Reding das Freihandelsabkommen mit Amerika infrage stellte. Im EU-Parlament in Straßburg ringt man über Resolutionen gegen das Ausspionieren durch die Geheimdienste. Auch hierzulande werden die Debatten deutlicher: Die Opposition stellt die Frage, wie viel die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von den Bespitzelungen gewusst haben kann, während Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sogar zugibt, Bürger sollten eher nicht auf den Staat setzen, sondern selbst verschlüsseln.

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