IT-Security

Effizienzsteigerung und Rechtssicherheit durch digitale Signatur beim elektronischen Gerichtspostfach

7. Juli 2015 von Larissa Weigand

Elektronisches Gerichtspostfach

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Eine Gratwanderung: Bürokratie möchte abgebaut, Rechtssicherheit jedoch gewahrt werden. Mit dem elektronischen Gerichtspostfach soll hier eine Brücke geschlagen werden: Bürger und Behörden, Rechtsanwälte oder auch Gesellschaften können elektronische Dokumente, beispielsweise Klageschriften oder auch einen Online-Mahnantrag, über eine virtuelle Eingangseinrichtung an Gerichte weiterreichen. Wie Sie konkret mit dem elektronischen Gerichtspostfach arbeiten können und welche Rolle Ihr Zertifikat dabei spielt, verraten wir Ihnen im Folgenden.

Elektronisches Gerichtspostfach – was ist das überhaupt?

Durch die immense Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnik entstand die Möglichkeit, die komplette Infrastruktur, die in Unternehmen, Privathaushalten und Behörden Standard geworden ist, für den elektronischen Rechtsverkehr zu verwenden. Mit dem elektronischen Rechtsverkehr soll es gelingen, Verfahren zu beschleunigen und die Effizienz in der Bearbeitung zu steigern. Mit dem Bewahren der Rechtssicherheit gelingt es somit, den Zugang zu Behörden und Gerichten zu vereinfachen.

Nachdem vom Gesetzgeber der rechtliche Grundstein für den elektronischen Rechtsverkehr gelegt wurde, waren neben dem Bundesverwaltungsgericht auch der Bundesfinanzhof sowie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das Oberverwaltungsgericht Münster sowie die Länder Hessen und Bremen maßgeblich an der Entwicklung des „Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs“ (EGVP) beteiligt. Damit Sie das EGVP verwenden können, ist die Installation der Java-basierten Applikation „Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach“ notwendig, die Sie im Download-Bereich der EGVP-Website für verschiedene Betriebssysteme finden.

Diese Applikation können Sie noch bis zum 31. Dezember 2015 verwenden. Ab dem 01.01.2016 gilt das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (FördEIRV), was folgende Änderungen mit sich bringt:

  • Für die Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und Justiz existiert das elektronische Anwaltspostfach, das von der Bundesrechtsanwaltskammer bereitgestellt wird.
  • Für Notare wird ab Januar 2016 das besondere elektronische Notarpostfach verfügbar sein, welches die Bundesnotarkammer bereitstellt.
  • Nutzer außerhalb dieser Berufsgruppen können die bewährten Infrastrukturkomponenten weiterhin verwenden, jedoch wird das Bereitstellen der Sende- und Empfangskomponente, also einer EGVP-Bürger-Client-Software, ausnahmslos Software-Herstellern überlassen.

Bis zum 30.09.2016 können Sie noch den EGVP-Bürger-Client auf der EGVP-Website im oben verlinkten Downloadbereich herunterladen, jedoch wird der Support für den Client zum 01. April 2016 eingestellt. Der Client wird zum 01.10.2016 komplett abgeschaltet. Der dann bereitstehende Nachfolgeclient dient ausschließlich dem Verwalten Ihrer bereits empfangenen Nachrichten und inkludiert keinen Support. Als Firma, Behörde und Bürger kommen die folgenden Alternativen in Frage:

  • Sie verwenden ein Drittprodukt, welches für den elektronischen Rechtsverkehr registriert ist; eine Zusammenstellung finden Sie auf der EGVP-Website.
  • Sie verwenden eine eigenentwickelte Sende- und Empfangskomponente.
  • Sie integrieren die EGVP-Enterprise in Ihre Fachsoftware. Die EGVP-Enterprise können Sie unter Beachtung des BLK-AG IT-Standards bei der Justiz beantragen, jedoch handelt es sich um eine Serveranwendung, die an lokalen Arbeitsplätzen nicht läuft.
  • Sie verwenden eine spezifische Lösung, die durch zuständige Rechenzentren oder einem Hersteller für Fachsoftware bereitgestellt wird.

Benötigen Sie als Bürger lediglich einmalig oder aber selten Justiz-Zugang, erhalten Sie die Möglichkeit, ein Onlineformular („WEB-EGVP“) zu nutzen. Dieses Formular wird Ihnen beizeiten auf der EGVP-Website bereitgestellt und erlaubt es Ihnen, elektronische Dokumente einzureichen. Jedoch sind elektronische Antworten an Sie über dieses Formular nicht möglich. Sämtliche Änderungen zum 01.01.2016 finden Sie auf der Website www.egvp.de.

 

EGVP: Welche Vorteile bietet Ihnen der elektronische Rechtsverkehr?

Unabhängig von Uhr- und Öffnungszeiten können Sie mit den teilnehmenden Gerichten und Behörden kommunizieren. Da die Übertragung auf den OSCI-Standards beruht, kommunizieren Sie sicher und zuverlässig. Kryptografische Mechanismen werden eingesetzt, um Ihre Kommunikation zu schützen. Insgesamt sparen Sie Zeit sowie Kosten und Empfänger haben die Möglichkeit, Dokumente elektronisch weiterzuverarbeiten. Anstatt auf Informationen warten zu müssen, erhalten Sie sofort eine signierte Eingangsbestätigung von der jeweiligen Empfangseinrichtung des Gerichts bzw. der Behörde. Optional können Sie eine automatische E-Mail-Benachrichtigung einrichten, die den Eingang Ihrer Nachrichten quittiert. Wenngleich die Änderungen zum 01.01.2016 etwas kompliziert erscheinen, haben Sie nach einem einmaligen Einrichtungsaufwand den kompletten elektronischen Rechtsverkehr aus einer Hand: es wird lediglich eine Software benötigt, um Ihre Nachrichten zusammenzustellen, zu signieren, zu verschlüsseln und sicher zu übertragen.

Bei all dem werden zahlreiche gängige Dateiformate unterstützt. Eine Auflistung finden Sie sowohl in den Rechtsverordnungen als auch in den Bearbeitungsvoraussetzungen. Weiter werden sämtliche nach deutschem Signaturgesetz akkreditierten Signaturkarten unterstützt; Einzelheiten verraten Ihnen wieder die Bearbeitungsvoraussetzungen. Solange die Java-Applikation noch aktiv ist, wird diese auch automatisch aktualisiert, sodass das Programm immer auf dem neuesten Stand ist.

 

Rechtliche Grundlagen fürs elektronische Gerichtspostfach

Die Basis dafür, die einst ausschließlich geltende Schriftform durch die elektronische Form zu ergänzen bzw. beizeiten auch zu ersetzen, bildete der Gesetzgeber mit dem Formvorschriftenanpassungsgesetz vom 13. Juli 2001 sowie mit dem Zustellungsreformgesetz vom 25. Juni 2001. Das Formvorschriftenanpassungsgesetz wurde beispielsweise durch § 126a ergänzt, in dem es heißt:
(1) Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.
(2) Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der in Absatz 1 bezeichneten Weise elektronisch signieren.

In diesem Anpassungsgesetz finden Sie auch diverse Ausschlüsse, so sind etwa das Erteilen der Bürgschaftserklärung, eines Versprechens oder einer Anerkennungserklärung in dieser elektronischen Form ausgeschlossen.

Durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22.03.2005 novellierte der Gesetzgeber die Zugangsregelungen und öffnete die Möglichkeit, Prozessakten auf elektronischem Wege zu führen. Die qualifizierte Signatur wird nicht nur durch das Formvorschriftenanpassungsgesetz festgelegt, sondern stimmt auch in seinen Grundzügen mit den Verfahrensordnungen von Gerichten überein. So bestimmt etwa § 130a Zivilprozessordnung, dass Dokumente, die für das Bearbeiten durch ein Gericht geeignet sind, qualifiziert signiert sein sollen, während zum Beispiel § 52a Finanzgerichtsordnung vorschreibt, dass diese Dokumente qualifiziert signiert sein müssen.

Das Zustellungsreformgesetz legt darüber hinaus fest, dass auch die Empfangsbestätigung als signiertes elektronisches Dokument versendet werden kann, vorausgesetzt, es wurde mit einer elektronischen Signatur versehen und ist gegen die unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte geschützt. Der Gesetzgeber gibt also vor, bestimmte Schriftsätze sowie Zustellungen qualifiziert elektronisch zu signieren, um Authentizität der Person zu gewährleisten. Die rechtliche Basis für die qualifizierte elektronische Signatur bilden:

 

EGVP: Technische Voraussetzungen zur Teilnahme

Um EGVP zu nutzen, benötigen Sie einen PC, der mindestens mit 512 MB RAM sowie 1 GHz CPU ausgerüstet ist. Um angenehm schnell zu arbeiten, empfiehlt die Dokumentation des EGVP jedoch 2 GB RAM sowie einen 2 GHz-Prozessor. Weiter benötigen Sie mindestens 1 GB freien Speicherplatz und eine DSL-Internetverbindung. Die Auflösung Ihres Bildschirms sollte nicht weniger als 1.024 x 768 Pixel betragen; gegebenenfalls benötigen Sie eine Signaturkarte sowie ein Chipkarten-Lesegerät. Unterstützt werden die Betriebssysteme OpenSUSE 12.x sowie Microsoft Windows ab XP SP3. Weiter benötigen Sie einen Webbrowser und eine Java Runtime Environment, die von der Installer-Variante des EGVP mitgeliefert wird.

Um Ihr Postfach zu ver- und entschlüsseln, benötigen Sie entweder ein bestimmtes Hardware-Zertifikat (Signaturkarte) oder ein Software-Zertifikat. Für das qualifizierte elektronische Signieren brauchen Sie die Signaturkarte und ein Kartenlesegerät. Informationen zu unterstützen Signaturkarten, Chipkarten-Lesegeräten und Betriebssystemen finden Sie an dieser Stelle.

 

Elektronische Signatur: Informationen zu Signaturkarten

Sämtliche Dokumente im elektronischen Rechtsverkehr sind grundsätzlich durch eine qualifizierte elektronische Signatur zu unterschreiben. Sie benötigen dafür eine Signaturkarte. Da das EGVP keineswegs auf Signaturkarten von einem bestimmten Kartenanbieter beschränkt ist, lohnt es sich, das Angebot näher kennenzulernen. Dafür können Sie sich gerne an unseren Support wenden; wir beraten Sie. Die Signaturkarte muss dem ISIS-MTT („Industrial Signature Interoperability Standard – Mailtrust“) entsprechen. Der Ablauf ist so einfach wie möglich gehalten, selbstredend müssen Sicherheitsstandards eingehalten werden:

Nachdem Sie einen Signaturkartenanbieter ausgewählt haben, fordern Sie ein Antragsformular an, füllen es aus und fügen ggf. erforderliche Unterlagen, beispielsweise eine Ausweiskopie, bei. Nach Absenden Ihres Antrags wendet sich der Signaturkartenanbieter mit Unterlagen zur Identifizierung bei einem Postamt an Sie. Sind alle erforderlichen Informationen sowie Dokumente beim Signaturkartenanbieter eingegangen, erstellt dieser die Signaturkarten, die Sie mit einer PIN erhalten (aus Sicherheitsgründen oftmals getrennt versendet). Sie bestätigen, dass die PIN eingegangen ist, und der Signaturkartenanbieter nimmt Ihre Zertifikate in einen Verzeichnisdienst auf, womit Ihre Signaturkarte freigeschaltet wird. Ab diesem Zeitpunkt können Sie Ihre Signaturkarte für die qualifizierte elektronische Signatur verwenden.

Um das EGVP zu nutzen, benötigen Sie zwei Zertifikate: neben der Signaturkarte zum qualifizierten Signieren Ihrer Nachrichten benötigen Sie ein Zertifikat, welches den Transportweg Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Dieses Zertifikat gibt den Weg in Ihr Postfach frei und verschlüsselt/ entschlüsselt – für Sie als Anwender unbemerkt – Ihre Nachrichten. Sogenannte Software-Zertifikate erfüllen die Anforderungen an dieses Zertifikat. Die Anwenderdokumentation hält unter Punkt 6.1.4.1 ff Informationen für Sie bereit.

Theoretisch können Sie ein Hardware-Zertifikat ebenfalls zum Ver- und Entschlüsseln nutzen, allerdings eines, das Sie nicht zum Signieren, sondern ausschließlich zum Ver-/Entschlüsseln einsetzen. Das ist jedoch nicht empfehlenswert, wie Sie in der Anwenderdokumentation ebenfalls nachlesen können: verwenden Sie ein Software-Zertifikat, vermeiden Sie die Mehrfacheingabe Ihrer PIN und können für Vertretungsfälle Postfächer anlegen, die nicht personengebunden sind.

 

Fazit: Zertifikate fürs elektronische Gerichtspostfach

Mit dem elektronischen Gerichtspostfach gelingt es Unternehmen, Behörden und Bürgern, effizient, einfach und rechtssicher mit Gerichten zu kommunizieren. Für Verbraucher mag eine solche Kommunikation eher zur Ausnahme gehören, jedoch können insbesondere Unternehmen ihre Effizienz immens steigern. Denken Sie beispielsweise an den Online-Mahnantrag: Sie sparen enormen Verwaltungsaufwand, wenn Sie den Mahnbescheid online abwickeln können. Ihr Zertifikat erfüllt hier wertvolle Dienste, mit denen Sie Kosten senken und die Effizienz Ihres elektronischen Rechtsverkehrs steigern können.

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